Scheipers Mühle
- eine Müllerfamilie mit Geschichte -
Original der Brechtener Mühle
Wer kennt sie nicht, die Bilder aus Kinderbüchern, in denen Mühlen abgebildet sind, die meistens ganz idyllisch auf einem kleinen Hügel stehen. Ein wohlgenährter Müller mit weißer Zipfelmütze und Holzschuhen stand Pfeife rauchend davor. Sein Blick gerichtet auf einen ankommenden voll beladenen Leiterwagen eines Bauern, der sein Korn zum Mahlen brachte. Ein Bild der Idylle, die allerdings trog!
Denn im Mittelalter, bis hin zur frühen Neuzeit, galt das Müllereigewerbe als anrüchig und vielerorts sogar als ehrlos. Bereits 1721 erschien ein sogenanntes „Betrugsbuch“, in dem detailliert verschiedene Fälle beschrieben wurden, die aufzeigten, auf welche Weise einzelne Müller ihre Betrügereien durchführten.
Während mit dem Aufblühen der mittelalterlichen Städte viele Handwerker zu wirtschaftlicher Selbstständigkeit kamen und einige Innungen und Zünfte gründeten, blieben die Müller an die Mühlen ihres Grundherren gebunden und wurden auch nicht in Zünfte aufgenommen. Das einzig Positive an diesem Beruf war: Aufgrund des hohen Wertes, den Mühlen für die Allgemeinheit erlangten, entstand für sie ein besonderer Rechtsschutz, der sogenannte Mühlenfrieden. Am Getreide und an der Einrichtung der Mühle begangene Diebstähle wurden mit besonders hohen Strafen geahndet.
Kinder von Müllerfamilien hatten es besonders schwer! Sie wurden von anderen Zünften ausgeschlossen. Erst um 1600 herum erhielten sie die Möglichkeit auch andere Handwerksberufe zu erlernen.
Auch unter den Müllern selbst gab es Unterschiede. So war ein Erbmüller, der eine eigene Mühle besaß, schon damals recht wohlhabend. Ganz im Gegensatz zu den Pachtmüllern, die lediglich die Mühle, wie der Name schon sagt, von einem Grundherren oder Mühlenbesitzer gepachtet hatten. Sie schufteten ohne Unterlass. Die Wenigsten von ihnen konnten so viel Geld auf die Seite legen, um sich selbst eine Mühle leisten zu können. Sie waren auf „Gedeih und Verderb„ den Verpächtern ausgeliefert.
Zum Glück hat sich seit damals doch vieles zum Positiven verändert.
Stichwort Glück
Aus einem der Brechtener Kirchenbücher von 1673 ist zu entnehmen, dass es in der Brechtener Bauernschaft schon damals weit über 30 Höfe und Kotten gab.
So war es ein großes Glück für all diese Hofställe, dass im Jahre 1871 eine Windmühle, die zuvor in Dortmund –Mitte auf dem “Hohen Wall“ gestanden hatte, dort abgebaut und in Brechten "Auf der Wieck“, auf einem damals erhöhten topographischen Punkt, wieder errichtet wurde - eine enorme Entlastung für die Bauern!
Mussten sie doch bislang mit ihren Kornsäcken bis zur Lünener Wassermühle an der Seseke, zur Königsmühle nach Mengede oder auch zur Wassermühle in Lippholthausen fahren; oder oft gar zu den Mühlen nahe der Dortmunder Innenstadt - jedes Mal ein enormer Zeitaufwand.
Der Besitzer der wahrscheinlich ersten Windmühle in Brechten war der Landwirt Wilhelm Schulte, dem später sein Sohn „Heinrich Schulte“ folgte. Die Mühle war daher unter dem Namen „Schulte´sche Windmühle“ bekannt.
Dann kam 1897 der Wendepunkt und ein Jahr, das die Familie Scheiper, die aus Lüdinghausen stammte, bis heute prägen sollte. In diesem Jahr pachtete Heinrich Scheiper, der Urgroßvater des heutigen Besitzers Heinrich-Clemens Scheiper (genannt Heinz Scheiper), die Schulte´sche Windmühle.
Er hatte das Handwerk von der Pike auf gelernt und errichtete bereits 1900 das große Wohnhaus, das noch heute an der Evinger Straße 669 steht.
1907 war der Pachtvertrag mit dem Verpächter Schulte abgelaufen. Noch im gleichen Jahr baute Heinrich Scheiper eine eigene, für die damaligen Verhältnisse sehr moderne Motorenmühle. Da sie mit Gasmotoren betrieben wurde, war diese, wie es der Name schon vermuten, lässt nicht mehr vom Wind abhängig.
Allerdings hatte die Maschine leider kleine „Kinderkrankheiten“, sodass der Mahlbetrieb das ein oder andere Mal ausfiel und in den Kriegsjahren zu Problemen führte.
Keine leichte Zeit, denn die Kontingentierung der Getreidemühlen durch den Reichsnährstand (der Reichsnährstand (RNST) war eine ständische Organisation der Agrarwirtschaft und Agrarpolitik im Deutschen Reich in den Jahren 1933 bis 1945) brachte 1934 viele Betriebe in schwere wirtschaftliche Bedrängnis. Die meisten Mühlen durften nur noch 33% ihrer Leistungsfähigkeit nutzen und waren an monatliche Vermahlungsquoten gebunden. Strenge Vorschriften erlaubten es Heinrich Scheiper nicht, ohne eine „Mehlkarte“ aus Getreide Mehl zu mahlen. Daher war der Hunger der Brechtener Bevölkerung auch so groß.
Mit viel Geschick und Einfallsreichtum und trotz des strengen Auges des Gesetzes, das stetig über die Einhaltung wachte, gelang es Heinrich Scheiper immer wieder vielen Ährensammlern einige Pfunde Korn zu mahlen und konnte somit manchen kinderreichen Familien durch die schweren Zeiten helfen.
Als Brechten jedoch 1905 an ein Stromnetz angeschlossen wurde und die Mühle somit einen elektrischen Antrieb erhielt war es mit den Ausfällen, den "Kinderkrankheiten", Gott sei Dank vorbei.
Im Laufe der Zeit und mit den nachfolgenden Generationen, vergrößerte sich die Mühle zusehends! Unter anderem wurde ein großes Lagerhaus für Getreide und Düngemittel errichtet. Dadurch erhielt der Betrieb zusätzliche Kundschaft.
Durch die zugereisten Bergbau- und Industriearbeiter von denen fast jeder neben dem eigenen kleinen Garten auch eine Nutztierhaltung hatte, wurden nun zusätzlich auch Mehl- und Futterschrote hergestellt!
Familie Scheiper betrieb nebenbei ebenfalls eine kleine Landwirtschaft mit Pferden und Schweinen bis Anfang der 70er Jahre. Die Hühnerhaltung existierte noch bis 1995.
Im Laufe der Zeit und mit den nachfolgenden Generationen, vergrößerte sich die Mühle zusehends! Unter anderem wurde ein großes Lagerhaus für Getreide und Düngemittel errichtet. Dadurch erhielt der Betrieb zusätzliche Kundschaft.
Durch die zugereisten Bergbau- und Industriearbeiter von denen fast jeder neben dem eigenen kleinen Garten auch eine Nutztierhaltung hatte, wurden nun zusätzlich auch Mehl- und Futterschrote hergestellt!
Familie Scheiper betrieb nebenbei ebenfalls eine kleine Landwirtschaft mit Pferden und Schweinen bis Anfang der 70er Jahre. Die Hühnerhaltung existierte noch bis 1995.
Bevor der Bau von Getreidesilos erfunden wurde, wurde in der Brechtener Mühle noch alles in Handarbeit in Säcke verpackt und aus- und angeliefert.
In den 30er Jahren wurde das Mühlengebäude um 2 Stockwerke erhöht und sage und schreibe 8 Silos für über 200 Tonnen Getreide angeschafft. Eine enorme Leistung.
Der Betrieb wuchs und wuchs. Durch den Erwerb eines angrenzenden Grundstücks konnte der Bau eines Rampenlagers durchgeführt werden. Dieses Lager beinhaltete eine sehr moderne Saatgutreinigung, für die damalige Zeit eine erstaunliche Modernisierung!
In den 60er Jahren kristallisierte sich dann heraus, dass die Mehlherstellung nicht mehr ausreichend war, um die gesamte Familie ernähren zu können. Daher verließ Egon Scheiper den Betrieb und machte sich als Tankwart sehr erfolgreich selbstständig.
Heinrich Scheiper II war ebenfalls erfolgreich und zudem maßgeblich an der Gründung des „Mästerstolz Verbandes“, einem Zusammenschluss kleiner ehemaliger Mühlen und anderer Mischfutterhersteller in Westfalen, beteiligt.
Erst im Alter von 50 Jahren übernahm Heinrich der III. den Betrieb an der Evingerstr.669, baute ihn ständig weiter aus und erweiterte ebenfalls das Warenangebot.
Er war es auch, der zur Erleichterung der Arbeiten zusätzlich eine Hammermühle anschaffte.
Heinrich der III. schaffte so ein solides Fundament für die nachfolgenden Generationen.
Auch sein Sohn Heinrich Scheiper der IV, der jetzige „Heinz Scheiper“, begann 1978 traditionell die Ausbildung zum Müller und übernahm nach Beendigung eines umfangreichen Ausbildungsprogramms den Betrieb.
Mit viel Geschick erweiterte er den Einzelhandel, der umsichtig den Bedürfnissen der Haus- und Gartenbesitzern sowie Hobbytierhaltern angepasst wurde. Mit seinem unendlichen Fleiß steht er dem Engagement seiner Vorfahren in nichts nach und trägt umsichtig zum Wohl und Erhalt des Betriebes bei.
Das vielfältige Angebot von „Scheipers Mühle“ an dieser Stelle aufzulisten, würde diesen Rahmen sprengen. Seit Jahren gelingt es Heinz Scheiper (Heinrich der IV) erfolgreich, mit Kompetenz, Innovation und Praxisnähe den Fortbestand des Betriebes zu sichern.
2012 konnte er das Nachbargrundstück des ehemaligen „Schulten Hofes“ erwerben. Das ist das Grundstück, auf dem die Mühle stand, mit der alles begann. Und so schließt sich nur ganz langsam der Kreis, denn die Planungen sind längst nicht abgeschlossen.
Seit 2012 ist der Landhandel “Scheiper Mühle“ Teil des “Börde Agrarhandel Langeneicke“ geworden, einem Tochterunternehmen der Beiselen GmbH in Ulm.
Wegen des starken Strukturwandels in der Landwirtschaft war das eine absolut richtige Entscheidung, keinesfalls aber ein leichter Schritt.
Aktuell werden in der Mühle an der Evinger Straße 669 das Jahr über noch mehr als 1500 t Getreideschrote, Geflügelkörnermischfutter und Pferdefutterspezialitäten verarbeitet und hergestellt.
Dafür stehen eine Hammermühle, eine Getreidequetsche, eine Siebreinigung und 3 Mischer zur Verfügung. Sage und schreiben können 300 t Getreide allein in den Silos der Mühle gelagert werden.
Dieser Betrieb, der nunmehr durch Heinz Scheiper (Heinrich der IV.) in der 4. Generation geführt wird, steht heute im Ranking der ältesten Unternehmen im Ruhrgebiet auf Platz 250.
Und die Geschichte von “Scheipers Mühle„ geht natürlich weiter. Denn der Grundstein dafür wurde von Ingrid und Heinz Scheiper (Heinrich der IV) gelegt. Aus der Ehe entstammen zwei Kinder, Tochter Julia, die Grundschullehrerin geworden ist und Sohn Hendrik, der das Studium „Agrar-Management“ absolvierte und seit Mitte Juni 2016 im Unternehmen tätig ist.
Quellen:
- Fam. Scheiper
- u. kl.Auszüge aus Wikipedia
- Fotos:Fam.Scheiper